VIII - Landesverwaltung und Landeserschließung

140 B. EIN NEUES METRISCHES SYSTEM: DAS FRANZÖSISCHE VORBILD

Kilogrammprototyp mit Etui, hergestellt von Nicolas Fortin

1795, Paris, CHAN

Am Ende des Ancien Régime glich die Vielzahl der Maßeinheiten in Frankreich und Europa einem Chaos. Für einen erdverbundenen Bauern war das vielleicht noch erträglich, für einen Kaufmann jedoch äußerst unpraktisch, und für einen Mann der Aufklärung wie Talleyrand, Bischof von Autun, der »diese Vielzahl, deren Studium einen bereits in Schrecken versetzt«, im Jahre 1790 anprangerte, einfach indiskutabel. In der Nacht des 4. August 1789 wird neben zahlreichen Privilegien auch das der Eichung abgeschafft und somit dem Reformprozeß von Maßen und Gewichten der Weg bereitet. Im darauffolgenden Jahr, am 9. März 1790, sind in Talleyrands Vorschlag an die verfassungsgebende Versammlung bereits Teile der künftigen Reform enthalten. So fordert er, sich nicht auf vorhandene Maße zu stützen, sondern vielmehr den Vorschlägen der Wissenschaftler zu folgen und ein universelles und unveränderliches, reproduzierbares und überall und jederzeit überprüfbares Maß zu finden. Im März 1791 wird auf Empfehlung von Condorcet und der Akademie der Wissenschaften der vierte Teil des Erdmeridians als natürliche und universelle Einheit gewählt. Der Begriff des Meters taucht bereits ab 1790 auf, wird aber erst mit Gesetz vom 1. August 1793 offiziell eingeführt. Mit diesem Gesetzestext führt der Convent das Werk der verfassungsgebenden Versammlung fort und schafft so die erste Fassung des metrischen Systems.

© 2006, Montgelas-Gesellschaft zur Förderung der bayerisch-französischen Zusammenarbeit e.V.; München/Paris; ISBN: 3-939395-01-3

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